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Frankfurter Allgemeine – 11. Juni 2001

Strawinskys "The Rake's Progress" Opernpremiere, 2001

STRAWINSKY: GÄRTNER STATT TAUGENICHTS

von David Roesner

Der Bühnenbildner Gottfried Helnwein, zweite prägende Figur des Abends, hat das turbulente Libretto W.H. Audens in einem abstrakten Einheitsbühnenbild verortet, dessen Wände expressionistisch schief aufragen und sich durch Licht und Videoprojektionen effektvoll zu verwandeln wissen. Dabei entstehen teilweise überzeugende Traum- und Alptraumbilder: Anna Trulove (Gabriele Rossmanith), die verlassene Geliebte, sucht ihren Rumtreiber Rakewell (Bruce Fowler) und wandelt dabei zerbrechlich mit einem blauen Schirmchen durch die Londoner Unwirtlichkeit, die sie als Fernseh-Schneetreiben auf den Bühnenwänden umgibt. Das Schlussbild der Inszenierung schwingt noch auf dem Heimweg nach: die in Zeitlupe einstürzenden Bühnenwände, die einzig ein von der Liebe singendes Paar verschonen. Mehr Oper wäre gar nicht nötig gewesen.

11. Juni 2001 "Here I stand", mit diesen Worten präsentiert sich die Titelfigur Tom Rakewell in Strawinskys einzig abendfüllender Oper. So selbstbewusst hatte man sich beim Blättern im Programmheft den vermeintlich wüsten Taugenichts auch vorgestellt und war nun überrascht, in der Eröffnungsszene stattdessen einem schmalen, wohl gekleideten Jüngling beim Gärtnern zuzusehen. Ein Anflug von Harmlosigkeit, den die Inszenierung über weite Strecken nicht loswurde. Dabei stellt uns GMD Ingo Metzmacher in dem von Stegen eng umbauten Orchestergraben die Partitur als spannungsvolles und anspielungsreiches Werk vor; das musikalische Zweigespräch ist nicht nur über die kurzen Wege im Graben, sondern auch zu allen Solisten von beeindruckender Intensität.

Intensives Musizieren auf engem Raum

Der Bühnenbildner Gottfried Helnwein, zweite prägende Figur des Abends, hat das turbulente Libretto W.H. Audens in einem abstrakten Einheitsbühnenbild verortet, dessen Wände expressionistisch schief aufragen und sich durch Licht und Videoprojektionen effektvoll zu verwandeln wissen. Dabei entstehen teilweise überzeugende Traum- und Alptraumbilder: Anna Trulove (Gabriele Rossmanith), die verlassene Geliebte, sucht ihren Rumtreiber Rakewell (Bruce Fowler) und wandelt dabei zerbrechlich mit einem blauen Schirmchen durch die Londoner Unwirtlichkeit, die sie als Fernseh-Schneetreiben auf den Bühnenwänden umgibt.

Fernseh-Schnee in London

Andererseits lassen sich Helnwein und Flimm häufig zu Bildern hinreißen, die die komplexe Vorlage manchem eindimensionalen Aktualitätsklischee ausliefern. Gerade der spielfreudig agierenden Chor wird hier einfallslos als Skinhead-Gang in Leder oder Irrenhausbelegschaft im Nachthemd auf die Bühne gestellt. Eine Unterforderung, die auch die Zuschauer angesichts der meist überdeutlichen Bildverweise der Videos leicht befällt. Das Schlussbild der Inszenierung schwingt jedoch noch auf dem Heimweg nach: die in Zeitlupe einstürzenden Bühnenwände, die einzig ein von der Liebe singendes Paar verschonen. Mehr Oper wäre gar nicht nötig gewesen.

Bilder zu "The Rakes Progress" von Igor Strawinsky
Bühnenbild und Kostüme: Gottfried Helnwein
www.helnwein.org/werke/theater/group15/image.html

11.Jun.2001 faz.net / Frankfurter Allgemeine David Roesner
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Hamburgische Staatsoper:
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