AZ Feuilleton, München – 23. Juli 1983
AZ Feuilleton, München, 1983
ANSTURM AUF HELNWEIN-SCHAU
Aggressive Pop-Kunst als Publikumsmagnet: Die Ausstellung des Wiener Hyperrealisten Gottfried Helnwein in der Nürnberger "Galerie in der Sterngasse 3" (noch bis 4. September) lockte bisher schon rund 1500 Besucher an. Noch nie war die Resonanz auf eine Ausstellung in der von der Aktionsgemeinschaft Nürnberger Künstlerhaus betreuten Galerie so lebhaft. Ab sofort sind in der Ausstellung auch Video-Filme zu sehen, die nähere Einblicke in Helnweins ungewöhnliche Arbeitsweisen geben. Das hervorragend gestaltete Katalog-Buch findet so reißenden Absatz, daß bereits eine größere Nachlieferung geordert werden mußte.
Süddeutsche Zeitung – 24. April 1983
Süddeutsche Zeitung, 1983
GOTTFRIED HELNWEIN LÄDT 40,000. AUSSTELLUNGSGAST EIN
Mit dem 40,000. Besucher der Helnwein-Ausstellung rechnet das Stadtmuseum an diesem Sonntag.
Gottfried Helnwein hat sich zu diesem Anlaß etwas Besonderes ausgedacht: Er wird den 40,000. Gast für einen Tag in sein Atelier nach Wien einladen und ihm außerdem eine Originalgraphik schenken.
Fernweh Magazin – 1. März 1983
Fernweh Magazin, 1983
FERNWEH VOM KGB FINANZIERT?
Helnwein - Titelbild eines weinenden Mannes sorgt für Aufregung
Eine an Bresschnews selig Tante erinnernde Stimme am Telefon schreckte FERNWEH-Verlagsleiter Walter Voigt aus dem Vormittagsschlaf. Es ging um den Titel der FERNWEH-Erstasugabe, den "Weinenden Mann". Die aufgeregte Dame meinte, denselben zu kennen, und fragte nach der Adresse des traurigen Herrn.
Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt – 13. Februar 1983
Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, 1983
EIN AUFSCHREI GEGEN DIE SCHMERZEN DER WELT
Die Kunst von Gottfried Helnwein - Erfolg und Kritik
Die Provokationen des 34jährigen Künstlers sind subversiv und klammheimlich.
Sie packen den entsetzten Betrachter eben da an, wo die antrainierten Verdrängungsmechanismen sonst so gut funktionieren.
Das wird am deutlichsten bei Helnweins Kinderbildern. Zarte pastellfarbene Zeichnungen, die zum Horrortrip für den Betrachter werden. Die sanften Kindergesichter sind durch Verletzungen furchtbar entstellt. Hasenscharten, Narben, Wundmale, Klammern, Kanülen, Bandagen.
Der Anblick ist kaum auszuhalten. Aber was bedeutet das schon gegen die täglich von vielen tausend Kindern erlittenen Schmerzen, Qualen und Folterungen?
Ein künstlerischer Aufschrei geen die Schmerzen der Welt.
Helnwein denunziert nicht die Kinder - das häufigste Missverständnis, mit dem man sich gegen seine Kunst wehrt - sondern unsere Neigung, vor dem Leiden die Augen zu verschliessen.
Der Künstler entlarvt das Bedürfnis nach heiler Welt (oft nur eine Form von Abgestumpftheit) als unmoralisch, als Angst vor der Realität .
Ein Moralist mit sadistischen Mitteln.
Die Tageszeitung, Berlin – 21. Dezember 1982
Die Tageszeitung, Berlin, 1982
GESICHTE UND GESICHTER
Um es gleich vorwegzunehmen: der Besuch der Ausstellung ist anzuraten. Zu sehen sind einige Originale, Plakate, Redproduktionen von Titelseiten, graphische Arbeiten. Jedoch werden nicht die Werke ausgestellt, vielmehr wird die Produktion Helnweins dokumentiert. Diesen Ansatz finde ich richtig. Wiewohl die Aquarelle und Gouachen Helnweins den Ansprüchen der Vollendung eines Kunstwerks ironisch gerecht werden, verachten sie offensichtlich die Aura des Kunstwerks.
Kölnische Rundschau – 7. November 1982
"photo art 1", Kunstverein, Köln, 1982
BILDER MIT WIDERHAKEN
Auf der "photo art 1" stellen 33 Fotogalerien im Kunstverein aus
Ruhepunkte in diesem Fotokaleidoskop bilden die One-Man-Shows.
Besonders erfrischend die "Galerie 70", die mit 800 Fotos des Wiener Künstlers Gottfried Helnwein angerückt ist und ihre Wände von oben bis unten damit ausgelegt hat.
Bisher nur durch seine realistisch-karikierende Malerei bekannt geworden, stellt Helnwein sich in Köln zum ersten Mal als Fotograf vor.
1.Wiener Kindergalerie – 1. Oktober 1982
1.Wiener Kindergalerie, 1982
WUNDERKINDER?
Künstler - und ihre Kinderzeichnungen
Alles, was ich wirklich im Leben brauche, das Lesen, das Schreiben und das Rechnen, habe ich in der Volksschule gelernt, bei den katholischen Schulbrüdern - ganz ohne moderne Pädagogik.
Dort habe ich sogar im Zeichnen etwas gelernt. Im Religionsunterricht haben wir Herzen gezeichnet - mit Flügeln und schwarzen Flecken, die in den Beichtstuhl hineinfahren und auf der anderen Seite wieder weiß herauskommen.
Das ist doch phantastisch!
Oder - "das Auge Gottes"! Damals hat jeder in unserer Klasse gezeichnet wie der Günther Brus. Danach auf dem Gymnasium war alles Scheiße. Im Englischunterricht mußten wir 4 Seiten aus "Ann and Pat" auswendig lernen und in Bildnerischer Erziehung eine Wunderblume zeichnen.
Ich hasse aber Wunderblumen, und so habe ich den Donald Duck als Kapitän gezeichnet, wie er gerade Tick, Trick und Track anschreit.
Worauf mein "Zeichenprofessor" meine Eltern vorgeladen hat, um ihnen mitzuteilen, wie gefährlich es ist, Witzhefte nachzuzeichnen.
Damit hatte er jedoch nicht recht, denn die einzigen Lehrer, von denen ich wirklich etwas gelernt habe - nicht nur künstlerisch, sondern auch philosophisch, also fuer das ganze Leben sozusagen -, waren Walt Disney und Carl Barks und Donald Duck.
Sie waren immer für mich da, und wenn ich das Gefühl hatte, niemand versteht mich, sie haben mich immer verstanden. Und wenn ich traurig war und einsam, sie haben mich wieder aufgerichtet und mir wieder Mut gemacht,
und gemeinsam mit Tick, Trick und Track habe ich dann gesungen: "Wir pfeifen auf Pomade, auf Seife, Kamm und Schwamm, wir bleiben lieber dreckig und waelzen uns im Schlamm!"
Frankfurter Rundschau – 12. Juni 1982
Monographie,Orac-Pietsch Verlag, Wien, 1982
HELNWEIN
Mit kaum einem anderen Wort wird so viel Schindluder getrieben, wie mt dem Begriff Realismus. Dass, was als realistisch bezeichnet wird, nur selten mit mit einer intersubjektiv überprüfbaren Wirklichkeit zu tun hat, ist mittlerweile eine triviale Erkenntnis.
Wir wissen zum Beispiel aus dem "sozialistischen Realismus", dass ständig bestimmte stilistische Verfahren mit inhaltlichen Kriterien vermengt und verwechselt wurde.
Auch realistische Kunst inszeniert, und was sie da aufbereitet, und wie sie es tut, das sagt mehr aus über das Verhältnis des Künstlers zur Realität als über diese Realität selbst.
Bunte, Leute von heute – 1. April 1982
Bunte, Leute von heute, 1982
HELNWEIN FÜR DIE EWIGKEIT?
Mit dem Wolfi-Bauer-Zitat "Das ist Malerei für die Ewigkeit" wirbt Gottfried Helnwein für sein Buch. Helnweins Rundfunk-Karriere war zwar nicht für die Ewigkeit gedacht, sondern bloß für fünf Tage - daß sie aber jäh im Archiv des ORF endete, damit hat der erfolgsgewohnte Maler nicht gerechnet.
Provozieren kann man auf Bildern eben viel leichter als via Äther, sollte der samtäugige Pinsler jetzt seine Erfahrungen mit dem Rundfunkgesetz zusammenfassen. Denn als Schockplauderer wurde der Schockmaler von Hörfunkintendant Ernst Grissemann schnell abgedreht, bevor er noch mit seinen unkonventionellen Ideen das Konzept der biederen "Teestunde" der Dauerberieselungswelle Ö 3 durcheinander-wirbeln konnte.
Stern magazin – 25. März 1982
Stern magazin, 1982
GOTTFRIED HELNWEIN
Gottfried Helnwein, 35, österreichischer Maler fotorealistischer Schock-bilder, wurde vom Intendanten des Popsenders "Ö3", Ernst Grissemann, als Moderator der Sendereihe "Teestunde" abgesetzt. 50 Minuten vor Ausstrahlung der ersten Sendung hatte der Intendant die Plaudereien von Gottfried Helnwein abgehört und als ungeeignet für die vornehmlich jugendlichen Hörer befunden.