"Museum Ludwig im Russischen Museum" Katalog – 30. November 1997
Staatliches Russiches Museum, Sankt Petersburg, 1998
GOTTFRIED HELNWEIN
Das menschliche Gesicht, besonders das kindliche, ist für Helnwein von größter Faszination und mithin eines seiner zentralen Bildsujets. Das hier vorgestellte monumentalisierte Gesicht eines kleinen Mädchens steht gleichsam stellvertretend für alle Kinder. Kinder sind in unserer profit- und leistungsorientierten Erwachsenengesellschaft beinahe als Randgruppe zu bezeichnen, fällt doch die Beachtung ihrer Interessen vergleichsweise bescheiden aus. Vor diesem Hintergrund ist die extreme Vergrößerung des Gesichtes in Verbindung mit der hyperrealistischen Auffassung als eine beklemmende Irritation unserer gewohnten Wahrnehmungserfahrung zu verstehen.
Prestel, München, New York – 30. November 1997
Die Sammlung der DG Bank
DAS VERSPRECHEN DER FOTOGRAFIE
Gottfried Helnwein
Helnweins künstlerische Praxis beruht auf der Erkenntnis der grundsätzlich unterschiedlichen Seinsformen von Fotografie und Malerei. Einerseits schöpft er als einer der konsequentesten Multimedia-Künstler überhaupt die spezifischen Möglichkeiten der jeweils verwendeten Medien bis zu den Grenzen ihrer Horizonte aus -- neben Fotografie und Malerei die Zeichnung und die Performance -, spiegelt sie andererseits, aber auch gewissermassen ineinander, so dass sie sich gegenseitig erhellen und ihre Wirkung steigern.
NEWS Magazin, Wien – 30. Dezember 1997
NEWS, Wien, 1997
RON WOOD: MEINE STONES
Die Ausstellung. Rolling Stones Gitarrist Ron Wood werkt seit Jahren auch als Maler. Ab 13. Juli stellt er seine Arbeiten in Wien aus. Woods nennt den Österreicher Gottfried Helnwein als Vorbild: "Helnwein hat über die Jahre einen einzigartigen Stil entwickelt und gilt heute als einer der Grössten der Welt. Sein grandioses Jagger-Bild aus den Achzigern gilt noch heute als legendär."
NEWS Magazin, Wien – 30. Dezember 1997
NEWS Magazin, 1997
FÜNF MALER, DIE DAS VOLK ERREGEN
Austro-Künstler, die sich nicht am Publikum orientieren
Deutschlandradio, Kulturzeit - 9.05 Uhr – 30. September 1997
Deutschlandradio, Kulturzeit - 9.05 Uhr, 1997
47. BERLINER FESTWOCHEN, HAMLETMASCHINE VON HEINER MÜLLER IN DER BERLINER ARENA
Ich hätte gern diese Vorstellung verlassen,...
Vor Jahren war Robert Wilson mit seiner Interpretation der HAMLETMASCHINE zu den Berliner Festwochen eingeladen.
Wilson bezwang den Text durch überstilisierten Ästhetizismus. Die Kritik feierte seinen Formalismus und sein Lichtdesign. Das Westberliner Schaubühnenpublikum (die Mauer stand damals noch) war begeistert von Wilsons gestylten Standbildern und seinem designten Licht. Den Urschrei in der HAMLETMASCHINE verspürte keiner. Diese HAMLETMASCHINE beunruhigte keinen. Fastfood für Intellektuelle, ohne Kanten und Tiefe, ohne die Wut des Autors.
Ein schöngeistiger Event, ohne den zerrissenen Background der Entstehungsgeschichte, ohne den "Ruf nach mehr Freiheit" aus dem "der Schrei nach dem Sturz der Regierung wird". Das beruhigende dieser HAMLETMASCHINE war, daß sie nichts wollte, außer anders sein.
Nun wieder HAMLETMASCHINE; die Mauer gibt es nicht mehr, die Berliner Festwochen immer noch, Robert Wilson ist Weltstar geworden und noch harmloser als er schon immer war.
Schon im Vorfeld löste diese Münchner Produktion Unruhe und Bewegung aus.
Grund war ein Bild, "Epiphanie", des Wiener "Blut und Schockmalers" Gottfried Helnwein, Teil seines Bühnenbildes für die Münchner HAMLETMASCHINE.
Die Witwe eines auf dem Helnwein-Gemälde abgebildeten SS-Offiziers versuchte in München gegen das Bild eine einstweilige Verfügung zu erwirken, der nicht stattgegeben wurde. Aufgrund von verschiedenen Bürgerinitiativen in Berlin verboten die "Berliner Festwochen" eines der beiden Plakate von Gottfried Helnwein um ihr "Highlight" HAMLETMASCHINE "nicht zu gefährden".
Auf dem Plakat ist das Opfer einer Gewalttat zu sehen, ein 10-jähriges Mädchen.
Noch bevor die Inszenierung in Berlin zu sehen war beschäftigten sich Medien, Bürger, Politiker und Rechtsanwälte damit.
tz, München, Kultur – 28. September 1997
"Hamletmaschine", 1997
BLUT, NICHT NUR IM SCHUH
Heiner Müllers "Hamletmaschine" in der Treptower Arena
Die beiden Seiten der Front führen auch gleich noch zu einem zweiten Titel, den man dieser "Hamletmaschine" geben könnte: Bewegte Bilder à la Gottfried Helnwein.
Der Wiener Künstler, der seit geraumer Zeit mit Hof zusammenarbeitet, hat für diese Produktion die Kostüme entworfen und eine Bühne gebaut, in der die Trommler ebenso hoffnungslos eingekerkert sind wie der Protagonist: Hamlets Wirkungsbereich ist ein von Stahlgerüsten umgebenes Gefängnis, und die Musiker wirken in diesen Stahlgerüsten wie seine Zellennachbarn.
regional - Berlin-Brandenburg, Theater/Kultur – 27. September 1997
"Hamletmaschine",. 1997
"HAMLET-MASCHINE" FEIERT ERFOLG AUF DEN 47. BERLINER FESTWOCHEN
Wegen des Auftritts des kleinen Mädchens Maria Denninghaus, das sich - inspiriert von einem Bild Helnweins - auf der Bühne nackt auszog und Spuren einer Vergewaltigung zeigte, wurden Buhrufe laut. Das gleiche Motiv war im Vorfeld der Aufführung als Ankündigungsplakat gedruckt, aber wegen Beschwerden von Kinderschutzvereinen zurückgezogen worden.
Münchener Merkur, Kultur – 13. September 1997
"Hamletmaschine"
HAMLET, HEINER, HOF, HELNWEIN
Münchener Muffathallen-Produktion und die Geschichte eines Bildes und einer Witwe. Finis eines gefährlich-absurden post(?)-faschistischen Vorspiels: Ingeborg Wünsche. Witwe eines SS-Mannes, hat von den angedrohten juristischen Schritten gegen Gottfried Helnweins "SS-Gruppenbild mit Madonna und Kind" (wir berichteten) schließlich abgesehen...
Hamletmaschine – 13. September 1997
"Hamletmaschine", 1997
EIN TOTENTANZ DES SCHÖNEN SCHEINS
Gert Hof und die "Hamletmaschine"
Die Bühne: ein Gerüst-, ein Gefängnisbau, vollgestopft mit Fässern. Hier herrscht der nackte Realismus der Wohlstandsslums.
Ophelia tritt auf, ein kleines Mädchen, eine lichtumstrahlte Gestalt. Doch sie ist schon allzu wissend, hat all die fürchterlichen Deformationen schon hinter sich, die ein Mensch erleiden kann.
Deshalb nimmt sie in einem beklemmenden Schlußbild, vor dem Hintergrund von Gottfried Helnweins umstrittener Nazi-Marien-Jesuskind-Ikone "Epiphanie" (die der Inszenierung fast eine Einstweilige Verfügung eingebracht hätte), die Welt noch vor ihrer Schöpfung wieder zurück.
Süddeutsche Zeitung – 12. September 1997
"Hamletmaschine", 1997
HITLER IST BESSER ALS MUTTER MARIA
Nazi-Witwe fühlt sich durch Helnwein-Bühnenbild verunglimpft
"Wir werden eine Zensur dieses Stückes durch NS-Nachfahren nicht hinnehmen." In der Muffathalle brodeln die Emotionen.
Denn die für den kommenden Donnerstag angesetzte Premiere von Heiner Müllers "Hamletmaschine" scheint gefährdet. Weil Gottfried Helnweins Bühnenbild für die Schlußszene einen geradezu absurden Rechtsstreit auszulösen droht.
Denn Ingeborg Wünsche, die Witwe des im Bild "Epiphanie" vorne links stehenden Mannes in Naziuniform mit SS-Runen sowie Totenkopf auf der Mütze, fühlt durch dieses Gemälde Helnweins ihre Persönlichkeitsrechte "im äußersten Maße verletzt". Sie nennt das Bild "Fälschung".
Fälschung eines Photos, das Helnwein in den Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek entdeckt hat. Dort sieht man statt Mutter Maria mit Kind Adolf Hitler.
Dieses Originalphoto zu veröffentlichen, das ihren Mann mit dem größten Schlächter der Menschheitsgeschichte zeigt - dagegen hätte Ingeborg Wünsche nichts einzuwenden.
Hitler jedoch durch Mutter mit Kind ersetzt zu sehen, das geht für sie zu weit. Schließlich könnte man da eine Art Kinderbegutachtung und Rassenwahn hineininterpretieren und das will Frau Wünsche auf keinen Fall.