"Ninth November Night", Katalog – 30. November 1987
Installation "Neunter November Nacht", Museum Ludwig, Köln, 1988
BLACK MIRROR
Wie hält ein freundlicher Mensch wie Helnwein es aus, seine exzellente - Malerei zum Spiegel der Schrecken des Jahrhunderts zu machen? Oder hält er es einfach nicht aus, das nicht zu tun? Reflektiert sein Spiegel nur die Jahrhunderthaltung, LIEBER EIN SCHRECKEN OHNE ENDE ALS EIN ENDE MIT SCHRECKEN, die aus der Überbewertung des Todes kommt, Folge seiner Tabuierung durch Statistik. Perseus, der die Gorgo im Spiegel guillotiniert, und wenn der Kopf fällt, ist es der eigene. Wie viel Köpfe hat ein Mensch / Mann in unserem Zeitalter der Spiegel?
Stuttgartner Nachrichten – 27. Oktober 1987
Galerie Harthan, Stuttgart, 1987
VOM SCHOCK ZUR TRAGIK
Gottfried Helnwein in Stuttgart - jetzt ganz anders
Der Schlaksige mit der Stirnbinde im wirren Haar und der schwarzen Sonnenbrille - ist das der bekannteste Künstler Österreichs? Wer kennst das Bild nicht vom bandagierten Kopf, die halbverdeckten Augen, in die sich, durch die Grimasse, zerbogene Gabeln eingraben: Als Titelbild ging das Motiv um die halbe Welt. Als Gottfried Helnwein in der Galerie Harthan stand, zur Vernissage mit seinem Dichterfreund Wolfgang Bauer angereist, hätte man die Änlichkeit eigentlich feststellen müssen.
Stuttgarter Zeitung, Feuilleton – 6. August 1987
Wolfgang Bauer, Galerie Harthan
ABSCHIED VOM GRUSELKABINETT
Wolfgang Bauer und Gottfried Helnwein in der Galerie Harthan
ZYMA, Feuilleton, Kunstmagazin – 1. Juni 1987
ZYMA, Feuilleton, Kunstmagazin, 1987
GOTTFRIED HELNWEIN, DIE NEUEN BILDER
Hinsehen und wiedererkennen. Dieser Reflex steht am Anfang der Auseinandersetzung mit den Arbeiten Gottfried Helnweins und ist zugleich programmatisches Element einer lesbaren Kunst.
Frankfurter Allgemeine Zeitung – 18. April 1987
1987
DER KÜNSTLER ALS MÄRTYRER - Die suggestiven Bildmontagen Gottfried Helnweins
Die suggestiven Bildmontagen Gottfried Helnweins
In Wirklichkeit ist Helnwein kaum einzuordnen. Bei ihm findet sich ebenso ein kleinmeisterliches Werk skurril-phantastischer Zeichnungen in der Nachfolge von Redon und Kubin. Meist vergessen wird auch sein Engagement gegen autoritäre Erziehung, Wettrüsten, Verschmutzung der Umwelt und Psychiatrie. Helnwein hat die Motive und Formen der Populärkultur in teils karikierender, teils grotesk verfremdender Absicht verwendet. Sein penetranter Hypernaturalismus beunruhigt, grenzt an ironische Übertreibung. Die Brecht-Benjaminsche Maxime "Nicht an das gute Alte anknüpfen, sondern an das schlechte Neue" hat bereits seine Anfänge in den frühen siebziger Jahren bestimmt.
So wurde für ihn das grenzüberschreitende Arbeiten mit Mitteln ebenso der Fotografie, Comic strips, Science-fiction wie der realistischen Malerei eine selbstverständliche Konsequenz.
Helnwein hat den "ruhig theatralischen" Verzückungsgestus seines Selbstbildnisses mit der heroischen Haltung der leidenden Sebastians-Figur verglichen und beides zum Stigma des Künstlers im 20. Jahrhundert, einer quasi religiösen Erlöserfigur, verallgemeinert. Sein poetischer Bildtitel bringt den Betrachter zusätzlich auf die richtige Spur. Die optische Montage des modernen Künstlers als Schmerzensmann mit dem Landschaftsbild Friedrichs projiziert die gescheiterte Hoffnung der romantischen Rebellion auf die Gegenwart, auf das verinnerlichte, masochistisch gewordene Protestdenken der Moderne und ihre ästhetischen Grenzüberschreitungen. Kehrt die Romantik wieder? Nein, sie hat die Moderne in Wahrheit nie verlassen. Doch verengt und verinnerlicht sich ihre Rebellion in den irrationalen "Körpermetaphysiken" der zeitgenössischen Künstler auf das eigene Fleisch und Blut.
Ausstellung "Die lädierte Welt", Realismus und Realismen in Österreich – 1. April 1987
Ausstellung "Die lädierte Welt", Realismus und Realismen in Österreich, 1987
DAS VORDERGRÜNDIGE IST DAS ABGRÜNDIGE
Helnweins Beitrag zu einer Hagiographie des 20.Jahrhunderts
Es läßt sich schwerlich leugnen, daß die Aggressions- und Verletzbarkeitssymbolik von Helnweins bekanntem, mehrfach variierten Selbstportrait mit verbundenem Kopf, den von Wundklammern geblendeten Augen und dem aufgerissenen schreienden Mund etwas von einer selbstevidenten Metapher für eine elementare menschliche Bedingung heutiger Existenz hat.
Die semantische Unbestimmtheit des im Schrei sedimentierten Schmerz- und Widerstandsaffektes läßt eine Verschiebung zum berechenbaren Effekt hin, der die emotionale Sympathie des Betrachters sucht und findet, erkennen.
Das elementar Packende der Trivialmythe, nicht die kaum zu überschätzende Geschäftstüchtigkeit des Malers erklärt die immense Verbreitung der Bilderfindung.
Die allgemeine Verständlichkeit von Helnweins Bildern beruht vorerst schlicht an seiner Aneignung der Ästhetik des alltäglichen Lebens und der ihr zugrunde liegenden Trivialität.
Die nicht zuletzt in den massiven Ablehnungen manifeste Wirkung der Bilder geht über bloße Verständlichkeit hinaus. Das ästhetische Subjekt vermag stellvertretend für das gesellschaftliche Gesamtsubjekt zu stehen, eben kraft der fehlenden politischen Definition der Angst, des Schmerzes, des Leides; kraft der Rückübersetzung sozialer Zwänge und Ängste in psychische.
Dabei kann sich Helnwein gerade in Osterreich auf eine in beinahe jeder katholischen Kirche Österreichs vorhandene Aggressionssymbolik gegenreformatorischer Kunst berufen.
Neben dem Aufgreifen dieser österreichischen Tradition ist zu berücksichtigen, daß sich Helnweins Selbstthematisierungen mit der Visualisierung der Autoaggression auch noch einem anderen Bedeutungshorizont öffnen.
Diese Selbstportraits sind Unternehmungen, die die Möglichkeiten des intensivsten Ich-Erlebnisses ausschöpfen. Sie sind Symptome eines Hungers nach Intensität, wie er nur in einer völlig abstrakt gewordenen, total verwalteten Gesellschaft entstehen konnte.
Sie sind Kompensationen eines Defizites, das üblicherweise durch intensive Hörerlebnisse - exemplarisch bei Rock- und Popkonzerten - abgedeckt wird.
Musik und Kunst als Wiedergewinnungsstrategie, sich selber spüren zu können.
Die Welt – 14. März 1987
Die Welt, 1987
MUTTER SPIELT NICHT MIT
Zadek'sches "Mors Mors" fürs Publikum?
Noch bevor sich der Premieren Vorhang hob, sorgte Peter Zadeks "Andi", alias Uwe Bohm, für Gesprächsstoff, weil er für ein Plakat die Hosen runter ließ. Manche empfanden die blanke Kehrseite, die der junge Schauspieler zur Zuschauer-Werbung für das jüngste Spektakel im Schauspielhaus dem Betrachter entgegenhält, als Gag, häufiger als Ärgernis, manchmal auch als "Mors Mors" des Intendanten für das undankbare Hamburger Publikum.
Münchener Abendzeitung – 10. März 1987
Galerie der Zeichner, Stuckvilla, München, 1987
AN TABU-THEMEN RÜHREN ! - GOTTFRIED HELNWEIN MIT NEUEN ARBEITEN IN DER GALERIE DER ZEICHNER
Aktuelles von Gottfried Helnwein. Mit seinen fotorealistischen Gouachen hatte der Wiener (geboren 1948) weltweit seinen plakativen Horror verbreitet. Heute Abend um 19.00 Uhr eröffnet Hellmut Grill in der Galerie der Zeichner (Stuckvilla) eine Ausstellung mit einem ganz neuen Helnwein: Farbstift-Zeichnungen und Fotoserien (bis 10.4.).
B.Z. Berlin – 13. Januar 1987
B.Z. Berlin
DER KUSS IST WEG! UND DIE MORAL IST WEG!
Rätselhafte Gemäldediebstähle in Berlin
Zwei Frauen, die sich küssen - und ein junges Mädchen, das neben einer umgestürzten Tasse am Boden sitzt: Diese beiden besonders bekannten Gemälde des 37jährigen österreichischen Malers Gottfried Helnwein sind aus dem oberen Foyer der Freien Volksbühne in Berlin gestohlen worden!
"HELNWEIN", Leopold-Hoesch-Museum, Düren – 30. November 1986
One-man show, Leopold-Hoesch-Museum, Düren, 1987
HELNWEIN
Gottfried Helnwein gehört zu den populärsten Malern der jüngeren Generation. Mit seinen superrealistischen Bildern hat er in den 1970er Jahren sehr schnell Weltgang erlangt.