helnwein archiv

polyaisthesis – 30. November 1989

polyaisthesis, 1990

ERSTICKTER SCHREI

von Susanne Vill

Beiträge zur integration der künste und der wissenschaften und zu ihrer umsetzung in die pädagogische praxis

Über Kunst und ihre Botschaft im postmodernen Dschungel transkultureller Rätsel. An dieser Stelle sollen nun drei Beispiele diskutiert werden, Bilder von Klaus Staeck, Gottfried Helnwein und Paolo Baratella, die das ästhetische Programm der Protestmalerei bis zum gesellschaftlichen Eklat getrieben haben.

Basta,Vienna – 30. November 1989

"Krone"-Chef Hans Dichand über Helnwein, 1990

HANS DICHAND ÜBER HELNWEIN

von Monika Niederle

Ich schätze ihn sehr, weil er kein Epigone ist.
Auf jeder größeren Kunstmesse finden Sie zahllose Nachahmer. Helnwein aber hat einen neuen, großartigen Stil geprägt.

fotoMagazin – 1. Dezember 1989

fotoMagazin, 1989

DIE KÜNSTLERMACHER

von Armin E. Möller

Die Fotografie hat jetzt auch in Europa den Kunsthandel erreicht. Galeristen fördern junge Fotografen, Fotokunst hat Hochkonjunktur. Armin E. Möller über die erfolgreichen Kunst-Fotografen und ihre Macher
Ein Helmut Newton kostet ab 3000 - bei einigen Motiven ab 5000 Mark aufwärts. Eine Serie von Foto-Handarbeiten von Birgit Kahle hat schon 15 000 Mark gebracht. Die Fotomanipulationen von Ulrich Tillmann kosten ab 1500 Mark das Stück - wobei der Fotograf meistens präzise ausgearbeitete Serien bevorzugt, die dann natürlich teurer werden.
Ein Gottfried Helnwein wird als Polaroid(groß) für 6500 Mark aufwärts, und ein Großbild ab 28 000 Mark angeboten. Das bleibt im Vergleich zu den Gemälden dieses Künstlers preiswert.

Nürnberger Nachrichten, Kultur – 28. November 1989

Nürnberger Nachrichten, 1989

BILDER KOLLEKTIVER ÄNGSTE

von Roland Gross

Gottfried Helnwein-Retrospektive im Essener Museum Folkwang - Schlaglichter auf eine verkrüppelte Welt
Im Kreis der Wiener Aktionskünstler mit ihrem Hang zu vielgestaltiger Selbstentblößung begann die Karriere des 1948 in Wien geborenen Österreichers Gottfried Helnwein, der zu den Figuren des Kunstbetriebs zählt, an denen sich die Geister scheiden. Eine konzentrierte Retrospektive im Essener Museum Folkwang mit über 50 Pastellen, Aquarellen und Zeichnungen wirft Schlaglichter auf eine bereits 20 Jahre dauernde Künstlerkarriere, die von Schockerlebnissen ebenso begleitet ist wie von einem wohl beispiellosen kommerziellen Erfolg.

Frankfurter Allgemeine – 16. November 1989

One-man show Museum Folkwang, Essen, 1989

ZEICHENOPFER

von Roland Gross

Gottfried Helnwein in Essen.
Durch die Ausstellung im Essener Museum Folkwang mit über fünfzig Pastellen, Aquarellen, und Zeichnungen, die zusammen eine konzentrierte Werksübersicht seit 1969 ergeben, führt jener, blutrote, nicht zuletzt austriatypische Faden.
Seine Kinder waren immer verletzt, mißraten, dannoch voll trotziger Phantasie. Anfang der siebziger Jahre fertigte der 1948 in Wien geborene Gottfried Helnwein die lieben Kleinen in einer porentief detailbesessenen Mischtechnik aus Farbstift, und Aquarell: Rosa Puffärmel, aus denen bandagierte Hände zum Vorschein kommen, Pupillen, die ebenso puttenhaft kullern wie gespenstisch verdreht sind. Oft war die Lippenpartie eingeschnitten, narbig vernäht und lege einen Teil des Gebisses frei.
Immer traf man hier auf einen jungen Verwandten jenes von dem Politbarden Franz-Josef Degenhardt erdachten Hasenscharten-Kindes, "das biß, wenn's bitte sagen sollt". Auch die Federzeichnungen, die in der Nachfolge des dunklen Phantasten Alfred Kubin zwischen 1974 und 1979 entstanden, waren deutlich geprägt durch das Thema "Kind",
ebenso wie die ganz frühen Wiener Straßenaktionen, an denen Kinder mit Kopfbandagen beteiligt waren ("Aktion Sorgenkind", 1972).
Ein Zyklus von Hochformaten widmet sich dem 1948 verstorbenen Schauspieler und Dramatiker Antonin Artraud, der den Surrealismus in Frankreich mit höchster Intensität aud die Bühne bringen wollte und sein letztes Lebensjahrzehnt in einer Nerven-Heilanstalt verbrachte.
Zusammen mit dem Choreographen Johann Kresnik und dem DDR-Dramatiker Heiner Müller, der Gottfried Helnweins Bilder als inspirative Grundlage für ein Artaud-Stück aufnehmen möchte, entsteht derzeit ein Artaud-Projekt.
In "Artaud als Marat", eine Arbeit, die sich wie die übrigen Artaud-Bilder an dokumentarischem Fotomaterial orientiert, erreicht Helnwein eine, wenn auch seitenverkehrte, Korrespondenz mit der bekannten Version des Jacques Louis David.
Das insgesamt in rosa Pastelltönen gehaltene Dichter-Portrait "Antonin Artaud" gerät Gottfried Helnwein zur düsteren Comic-Persiflage: Artaud erbricht eine unförmige, inhaltslose blauschwarze Sprechblase.

Weser Kurier – 13. November 1989

Weser Kurier, 1989

MENSCHEN ALS VERLETZBARE WESEN

von Veit-Mario Thiede

Das Essener Museum Folkwang zeigt Helnweins Arbeiten auf Papier
Als Helnwein Mitte der achtziger Jahre der enorme Publikumserfolg suspekt wird, zieht er sich von Wien auf ein Schloß in der Eifel zurück. Er berichtet: "Auf einmal war ich ganz oben auf der Welle. Aber da wollte ich eigentlich nicht hin. Oben kämpfst du nicht mehr verbissen um Qualität, oben malst du deine Bilder, kassierst das große Geld und entwickelst dich nicht weiter. Da wurde mir klar, daß ich neue Wege gehen muß." Helnwein beginnt, Bühnenbilder zu entwerfen. Die Fotografie, die zu der Vorbereitung seiner Aquarelle diente, wird eigenständiges Ausdrucksmittel. Es entstehen fotografierte Inszenierungen des eigenen Körpers und großformatige Fotos, die mit ungegenständlicher Malerei zu Triptychen vereint werden.
Auch in den Arbeiten auf Papier vollzieht sich eine Wandlung, wie eine Ausstellung im Essener Museum Folkwang anhand chronologisch geordneter Blätter aus den siebziger und achtzig Jahren dokumentiert.

Westfälischer Anzeiger – 9. November 1989

Essener Museum Folkwang, 1989

"HÖLLEN-BRUEGHEL" DER POPULÄRKULTUR

von Roland Groß

Essen/Hamm (Eig.Ber.). Im Kreis der Wiener Aktionskünstler mit ihrem Hang zu vielgestaltiger Selbstentblößung begann die Kunstkarriere des 1948 in Wien geborenen Österreichers Gottfried Helnwein, der zu den Figuren des Kunstbetriebs zählt, an denen sich die Geister scheiden. Eine konzentrierte Retrospektive im Essener Museum Folkwang mit über 50 Pastellen, Aquarellen und Zeichnungen wirft Schlaglichte auf eine bereits 20 Jahre dauernde Künstlerkarriere, die von Schockerlebnissen ebenso begleitet ist wie von einem wohl beispiellosen kommerziellen Erfolg.

WAZ, Nr. 255 – 31. Oktober 1989

WAZ, Nr. 255, 1989

DER MENSCH IN SEINEN QUALEN

von Manfred Krause

Das Essener Museum Folkwang zeigt Arbeiten des Fotorealisten Gottfried Helnwein
Es ist unmöglich, von Gottfried Helnwein nicht gefesselt zu sein. Vielleicht ist die Vokabel "schockiert" aber noch treffender. Denn die Bilder des Malers sind nur schwer zu ertragen und verlangen starke Nerven. Der Mensch in seinen leiblichen und seelischen Qualen, Verletzlichkeiten und Verstümmelungen tritt ungeschützt ins Blickfeld. Schnell entpuppt sich die oberflächliche Vermutung, daß da einer mit Entsetzten Scherz treibt, als falsch. Helnwein ist es bitter ernst, wie die Ausstellung von über 60 Arbeiten im Museum Folkwang Essen beweist, wenn er in die Abgründe menschlicher Existenz schauen läßt:

Zeit Magazine, Nr. 36 – 1. September 1989

Kathleen Madden, 1989

MORD UND MODE

von Marie Hüllenkremer

Für die amerikanische Designerin Kathleen Madden debütierte der Wiener Künstler Gottfried Helnwein als Modephotograph. Zehn Tage lang arrangierte er in New York - einzige Bedingung seines Auftrags - "typisch amerikanische" Situationen. Entstanden sind so Lichtbilder, die geheimnisvolle Geschichten erzählen.

Bild, München – 10. Juni 1989

"Lulu" von Frank Wedekind, München, 1989

SKANDAL-PLAKAT VOM DEUTSCHEN THEATER

von Hubert Denk

Städte-Reklame läßt es überkleben

München - Peter Zadek inszeniert in Hamburg "Lulu"von Frank Wedekind. Das Theater-Stück erzählt die Geschichte einer Kind-Frau, die von den Männern als Lustobjekt ausgenutzt wird. Die spektakuläre Aufführung kommt am 21. und 22. Juni als Sondergastspiel ins Deutsche Theater. "Lulu" sorgte schon im Vorfeld in München für einen Skandal. Die Städte-Reklame weigerte sich, das Helnwein-Plakat von "Lulu" in München aufzuhängen. Denn es zeigt den völlig entbloßten Unterleib der Titelheldin.